Standortschließungen in der Autoindustrie offenbaren die Tiefe der Krise in Europa

Die europäische Wirtschaft ist in der größten Krise seit einem Jahrzehnt. In den letzten Monaten häuften sich die Ankündigungen von Entlassungswellen in Frankreich und Deutschland. Hunderttausende Arbeitsplätze sind gefährdet, weil die Unternehmen versuchen, ihre Kosten zu senken. Gleichzeitig senkt die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinssätze und ihre Wachstumsprognose. Dies spiegelt die historische Krise des europäischen Kapitalismus wider. Er hat nichts als eine Zukunft der Sparmaßnahmen und des Elends zu bieten.“

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Massenentlassungen in der deutschen Autoindustrie

Die Autoindustrie steht im Zentrum dieser Krise. In diesem Herbst kündigte Volkswagen den Abbau von zehntausenden von Arbeitsplätzen und die Schließung von drei Fabriken an, gefolgt von BMW, die den Abbau von 8.000 Arbeitsplätzen ankündigten. Auch der Hersteller für Autoteile Bosch will weitere 10.000 Arbeitsplätze abbauen und Ford hat den Abbau von 4.000 Arbeitsplätzen angekündigt, hauptsächlich in Deutschland.

Zusätzlich zu den Werksschließungen fordert die Geschäftsleitung von Volkswagen von den verbleibenden Mitarbeitern eine Lohnkürzung von 10 Prozent und die Zustimmung zu einem zweijährigen Lohnstopp. Natürlich hat sich Geschäftsleitung geweigert, selbst solche Opfer zu bringen. Kein Wunder, dass 100.000 Automobilarbeiter bei Volkswagen gegen diese Vorschläge des Managements in den Streik getreten sind.

Die Automobilindustrie ist für Europa von entscheidender Bedeutung und erwirtschaftet einen Mehrwert von knapp über 1 Billion für Europa, was etwa sechs Prozent der gesamten Wirtschaft ausmacht. Sie beschäftigt außerdem etwa 14 Millionen Arbeitnehmer, was ca. sechs Prozent der gesamten europäischen Erwerbsbevölkerung entspricht. Die Automobilindustrie hat weltweit mit Schwierigkeiten zu kämpfen, aber die Krise in Europa ist besonders schwerwiegend. 

Die Kapazitätsauslastung in der globalen Automobilindustrie liegt im Durchschnitt bei 62 Prozent. Mit anderen Worten: Die Fabriken produzieren nur 62 Prozent dessen, was sie könnten, weil der Markt einfach nicht groß genug ist, um mit voller Kapazität zu produzieren. Diese Quote ist um 70 Prozent im Jahr 2018 gesunken, und alles unter 70 Prozent gilt als untragbar. In Europa ist das Problem jedoch noch größer: Die Auslastung der Automobilindustrie liegt bei nur 58 Prozent, verglichen mit 66 Prozent in Nordamerika. Dies hängt mit einem Verlust des europäischen Marktanteils zusammen, der von 31 Prozent aller Fahrzeugverkäufe im Jahr 2008 auf 20 Prozent im Jahr 2023 gesunken ist.

Dazu kommt, dass Trump die europäische Autoindustrie im Visier hat. Er ist entschlossen, Autohersteller durch die Erhebung von Zöllen dazu zu zwingen, Autos in den USA herzustellen, wenn sie in den USA verkauft werden sollen. Er besteht darauf, das Handelsdefizit der USA, das sich momentan auf etwa 150 Milliarden Euro mit Europa beläuft (ein Drittel des Wertes der EU-Exporte in die USA), zu beseitigen. Dies ist eine massive Bedrohung für die europäische Produktion, insbesondere für die Produktion mit traditionellen Verbrennungsmotoren. Es ist kein Zufall, dass die deutschen Autohersteller jetzt Stellen abbauen wollen, während Trump auf dem Vormarsch ist

Das bedeutet aber nicht, dass die Probleme für die europäische Industrie mit Trump begannen.

Im Rückstand

Historisch gesehen hatten deutsche Fahrzeughersteller einen enormen Vorteil in der Dieselmotorenproduktion, mit der sie viel Geld verdienten – und immer noch verdienen. Dialektisch betrachtet ist es jedoch genau dieser Vorteil, der sie so anfällig für Misserfolge machte, wenn eine neue Technologie aufkam.

In seinem Buch über die deutsche Wirtschaft, das passenderweise den Titel „Kaput“ trägt, weist der ehemalige Kolumnist der Financial Times, Wolfgang Münchau, darauf hin, dass die Perfektion, die die Automobilkonzerne bei Dieselmotoren erreicht haben, dazu führte, dass sie alles auf eine Karte setzten, anstatt sich auf den nächsten Technologiesprung vorzubereiten. Sie hatten einen enormen Vorteil bei diesem Motortyp. Aber anstatt die Gewinne in neue Technologien zu investieren, beschäftigten sie sich damit, Diesel als grüne Alternative zu bewerben. Und dann schummelten sie bei den Emissionstests, um die Wahrheit zu verschleiern.

Gleichzeitig investierten chinesische Unternehmen massiv in Elektrofahrzeuge und die dafür erforderlichen Batterietechnologien. Trotz des Geredes, dass westliche Regierungen in grüne Technologien investieren, geschah dies einfach nicht. Der chinesische Markt wuchs jedoch rasant und ist heute mit Abstand der größte Markt für Elektrofahrzeuge. Derzeit werden drei Viertel der weltweit verkauften Elektrofahrzeuge in China verkauft. Dies bot chinesischen Unternehmen wie BYD eine hervorragende Grundlage, um schnell zu expandieren und eine Vormachtstellung auf dem weltweiten Markt für Elektrofahrzeuge zu erlangen.

Für die deutsche Autoindustrie verheißt dies nichts Gutes. Im Jahr 2022 exportierte sie Straßenfahrzeuge und -teile im Wert von 30 Milliarden US-Dollar nach China, aber davon kaum Elektrofahrzeuge. Stattdessen exportieren europäische Hersteller Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor nach China. Die von der EU eingeführten Zölle könnten zwar den Verkauf von Elektrofahrzeugen nach Europa verhindern, aber sie würden den deutschen Exporten von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor nach China in keiner Weise helfen, aber genau das ist es, was die Autoindustrie will. Dies erklärt zum Teil, warum deutsche Autohersteller gegen die Zölle sind. Sie sind auch anfällig für mögliche Vergeltungsmaßnahmen und möchten sich deswegen die chinesische Regierung nicht zum Feind machen.

Aber es geht um mehr als das. Europäische Unternehmen haben in China massiv in die Produktionskapazitäten für Elektrofahrzeuge investiert. Volkswagen beispielsweise produzierte dort im Jahr 2022 drei Millionen Autos. Doch jetzt verlieren deutsche Autohersteller Marktanteile. Sie machen immer noch 15 Prozent des chinesischen Marktes aus, aber das ist weniger als die 25 Prozent vor der Pandemie.

Jetzt ist die chinesische Wirtschaft ins Stocken geraten, und Autos europäischer Marken sind teurer als chinesische. Infolgedessen werden Elektrofahrzeugwerke, die in China gebaut wurden, um zunächst den chinesischen Markt zu bedienen, nun stattdessen für den Export von Fahrzeugen in die Europäische Union genutzt. 22 Prozent der in Europa verkauften Elektroautos wurden von nicht-chinesischen Firmen (Tesla, Volkswagen usw.) aus China nach Europa exportiert. Nur acht Prozent der verkauften Autos stammten von chinesischen Unternehmen, die nach Europa exportierten. Dies ist ein weiterer Grund, warum die europäischen Autohersteller gegen die Zölle waren, da sie ihre eigenen Exporten nach Europa beeinträchtigen würden.

Das Problem des Exportmarktes wird durch den schrumpfenden europäischen Markt noch verschärft. Die Konjunkturabschwächung im vergangenen Jahr hat sich stärker auf Elektroautos ausgewirkt als auf andere, da sie teurer sind. Arbeiter, die Schwierigkeiten haben, über die Runden zu kommen, entscheiden sich für ein günstigeres traditionelles Fahrzeug, anstatt einen Aufpreis für ein Elektroauto zu zahlen. Dies wurde durch die Streichung der staatlichen Subventionen für Neuwagen durch die deutsche Regierung noch verschärft, was zu einem Rückgang der Verkaufszahlen, insbesondere in Deutschland, führte.

Für das kommende Jahr hat die EU allen Unternehmen das Ziel gesetzt, 20 g CO2 pro Kilometer zu erreichen. Die meisten Automobilunternehmen werden diese Ziele wohl nicht erreichen, was Geldstrafen nach sich ziehen würde. Wie zu erwarten war, fordern die Unternehmen nun, dass die Umsetzung der Ziele verschoben wird, und bestehen stattdessen darauf, dass Europa eine „Industriepolitik“ entwickeln muss, womit sie zweifellos direkte oder indirekte Subventionen meinen.

Sie setzen den europäischen Regierungen die Postole auf die Brust und drohen ihnen mit massiven Arbeitsplatzverlusten. Und mehrere Regierungen haben bereits nachgegeben, darunter Italien und Frankreich. 

Das ist schon ein hartes Stück, wenn man bedenkt, dass diese Unternehmen alle massive Gewinne machen, Rekorddividenden ausschütten (weitaus höhere als ihre asiatischen und nordamerikanischen Konkurrenten) und zig Milliarden Dollar an Bargeld horten. Anstatt dieses Geld in das Unternehmen zu stecken und mutige Investitionen zu tätigen, überschütten sie ihre Aktionäre mit Geld. Nicht umsonst hat der Generalsekretär von IndustriAll, dem internationalen Gewerkschaftsbund, dies als „Zerschlagung von Vermögenswerten“ bezeichnet.

Die Hauptaufgabe eines kapitalistischen Unternehmens besteht jedoch nicht darin, Arbeitsplätze zu sichern oder den Übergang zu Elektrofahrzeugen zu gewährleisten, sondern Gewinne für seine Aktionäre zu erwirtschaften. Gemessen an diesem Maßstab sind die europäischen Automobilunternehmen derzeit sehr erfolgreich.

Warum in den Bau weiterer Fabriken investieren, wenn die Arbeiter in Europa zu arm sind, um die von ihnen produzierten Autos zu kaufen? Fabriken stehen bereits still. Besser, man hält sich zurück und hält die Aktionäre mit massiven Ausschüttungen bei Laune.

Man könnte argumentieren, dass sie sich auf die Zukunft hätten vorbereiten sollen, aber in Wahrheit ist der Elektromotor eine komplette Überarbeitung des Autos und seiner Funktionsweise. Deshalb haben sich neue Unternehmen, die über Erfahrung in den Bereichen Software, Batterieproduktion, Smartphone-Produktion usw. verfügen, als ebenso fähig erwiesen, in diesen neuen Markt einzusteigen, wie die alten Industriegiganten. 

Die Dominanz Chinas und Südostasiens in der Produktion von Halbleitern und die Dominanz der USA in der Produktion von Software und Online-Diensten lassen Europa weit zurück. 

Es steht viel auf dem Spiel. Das Beratungsunternehmen McKinsey schätzt, dass Europa bis 2035 bis zu 400 Milliarden US-Dollar (36 Prozent seines derzeitigen Marktes) verlieren könnte, insbesondere bei der Produktion von Bauteilen für Autos. Viele Bauteile werden bereits in Südostasien hergestellt, und es ist unwahrscheinlich, dass europäische Unternehmen in diesen Markt eintreten können, da Europa bei der Entwicklung von Elektronik und Software weitgehend abseits stand.

Dies wird bei einem Blick auf die Investitionszahlen der letzten Zeit mehr als deutlich. 

Mangel an Investitionen

Der ehemalige Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, hat einen Bericht über die europäische Wirtschaft vorgelegt, in dem der Investitionsrückstand Europas deutlich wird.

Draghi geht davon aus, dass Europa jährlich zusätzliche 800 Milliarden Euro an öffentlichen und privaten Investitionen benötigen würde. Das wären zusätzliche 4,5 Prozent des BIP, und das zu einer Zeit, in der die meisten Regierungen und Unternehmen versuchen, Bereiche zu finden, in denen sie sparen können. 

Der Grund dafür ist, dass Europa seit einiger Zeit hinter den USA und China zurückliegt. In den 20 Jahren zwischen 1997 und 2019 stieg der Wert des Kapitals pro Beschäftigten in den USA um 50 Prozent, von 197.000 auf 293.000 US-Dollar. In China stieg er um das Achtfache, von 11.000 auf 87.000 US-Dollar. In Westeuropa wuchs er lediglich 10 Prozent. Mitteleuropa mit Tschechien, der Slowakei und Ungarn schnitt mit einem Anstieg von 120 Prozent deutlich besser ab, aber das reicht bei weitem nicht aus, um den Rückstand aufzuholen. Die Investitionen in Deutschland sind besonders niedrig und liegen weit hinter denen anderer großer europäischer Länder zurück, ganz zu schweigen von den USA.

Seit 2012 haben die USA durchweg höhere Investitionen getätigt als alle großen europäischen Volkswirtschaften, gemessen am Anteil der Wirtschaftsleistung. Die USA haben etwa einen Prozentpunkt des BIP mehr für Investitionen ausgegeben als die EU. Ein Blick über die Gesamtzahl hinaus zeigt jedoch, dass ein größerer Teil der europäischen Investitionen in Immobilien (Häuser, Büros usw.) floss. Was Investitionen in Maschinen und geistiges Eigentum (Forschung und Entwicklung) betrifft, so geben die USA jedes Jahr durchschnittlich zwei Prozent ihres BIP mehr aus als die EU.

Dies liegt zum Teil daran, dass die europäischen Regierungen ihre öffentlichen Investitionsbudgets gekürzt haben, aber zum größten Teil daran, dass Unternehmen einfach nicht investieren. US-Unternehmen geben derzeit 1,6 Billionen US-Dollar für Investitionen aus, entweder für Anlagekapital (Maschinen, Fabriken usw.) oder für Forschung und Entwicklung. Ihre europäischen Pendants geben nur 900 Milliarden US-Dollar aus.

Europa liegt in allen Wirtschaftssektoren zurück, außer in der Automobil- und der Werkstoffindustrie. Um nur einige Beispiele zu nennen: Europäische Telekommunikationsunternehmen haben nur ein Viertel der Investitionen ihrer US-amerikanischen Pendants getätigt. Halbleiterunternehmen haben halb so viel investiert. Selbst im Pharmasektor, in dem Europa nicht so weit zurückliegt, werden 43 Prozent weniger für Anlagekapital oder Forschung und Entwicklung ausgegeben.

Entscheidend ist, dass die USA im Bereich Software und Computertechnik deutlich vorne liegen. In Europa gibt es kein großes Software- oder Cloud-Computing-Unternehmen. Was den Markt für KI betrifft – der zweifellos eine bedeutende Rolle bei der Steigerung der Produktivität spielen wird – spielt Europa kaum eine Rolle, sei es bei der Erstellung des Codes, der Herstellung der Prozessoren oder dem Hosting der Serverfarmen.

Die Krise auf dem europäischen Energiemarkt

Erschwerend kommt hinzu, dass europäische Unternehmen mit extrem hohen Energiepreisen konfrontiert sind. Die europäischen Strompreise waren schon immer hoch, aber jetzt ist der Preis für die Industrie mehr als doppelt so hoch wie in den USA (20 Eurocent pro kWh für die EU, verglichen mit 8 in den USA). Aufgrund der historisch hohen Strompreise neigte die europäische Industrie dazu, Gas als Hauptenergiequelle zu nutzen. Billiges russisches Gas war in großen Mengen verfügbar. 

Seit dem Ukraine-Krieg hat sich Europa jedoch vom russischen Gas abgeschnitten, und nach dem anfänglichen Anstieg liegt der Preis nun etwa um 50 Prozent höher als vor dem Krieg. Dies hatte besonders verheerende Auswirkungen auf die energieintensive Industrie (Metalle, Chemikalien, Öl, Papier, Glas usw.), deren Produktion um 20 Prozent zurückgegangen ist. Diese industrielle Selbstsabotage zeigt, wie der Nationalstaat und der Imperialismus ein Hindernis für die zukünftige Entwicklung Europas darstellen.

Aber auch hier ist der Ukraine-Krieg nicht so sehr die Ursache des Problems, sondern der letzte Tropfen, der das Fass für den Energiesektor zum Überlaufen bringt. Schon vor der Pandemie waren die öffentlichen und privaten Investitionen in die europäische Energieerzeugung und -infrastruktur fast halb so hoch wie die der USA (420 Milliarden Dollar gegenüber 260 Milliarden Dollar im Jahr 2019). Die privaten Investitionen liegen noch weiter zurück und sind halb so hoch wie die US-Investitionen. 

Natürlich investieren die USA viel in die Öl- und Gasförderung, aber man würde erwarten, dass Europa diese Investitionen in alternative Energiequellen aufbringt, vor allem nach dem Lärm, den europäische Politiker darum gemacht haben. Zum Vergleich: China investierte 2019 560 Milliarden US-Dollar in den Energiesektor, davon 154 Milliarden US-Dollar in erneuerbare Energien, dreimal mehr als Europa. 

Seitdem sich die europäischen Kapitalisten vom russischen Gas abgeschnitten haben, haben sie ihre Investitionen in Energie auf 450 Milliarden Dollar pro Jahr erhöht (Stand 2024). Aber sie liegen immer noch weit hinter denen Chinas zurück, die jetzt bei 850 Milliarden Dollar liegen, und immer noch dreimal so hoch für erneuerbare Energien.

Woher wird also die zukünftige Energieversorgung Europas kommen? Die EU-Regierungen drängen die Industrie dazu, auf strombasierte Produktion umzusteigen und sich vom Gas zu verabschieden. Sie drängen Autobesitzer dazu, batteriebetriebene Fahrzeuge zu nutzen. Und natürlich würden sie gerne mehr Investitionen in die Serverinfrastruktur für KI und Cloud-Computing erhalten. Aber all diese Dinge erfordern eine enorme Menge an Strom, und die Investitionen sind einfach nicht vorhanden, um dies kostengünstig bereitstellen zu können.

Dieser Mangel an Investitionen in Energie ist auch einer der Gründe, warum europäische Hersteller nicht in der Lage waren, mit den chinesischen Herstellern mitzuhalten. Der Markt für ihre Produkte war einfach nicht vorhanden, und daher blieben die Produktionsmengen relativ klein und teuer, während die chinesischen Hersteller von Skaleneffekten profitierten. Dies ist der Hauptgrund dafür, dass China im Gegensatz zu Europa inzwischen einen Marktanteil von über 60 Prozent bei Solarmodulen und deren Komponenten hat. Der chinesische Markt war viel größer und ermöglichte es den Unternehmen, sich zu riesigen Monopolen zu entwickeln, mit denen europäische Unternehmen nicht konkurrieren konnten.

Das Northvolt-Abenteuer

China hat durch seine Rolle auf dem Elektronik- und Automobilmarkt eine fast vollständige Kontrolle über den Markt für Lithiumbatterien erlangt, die für den Einsatz grüner Technologien von entscheidender Bedeutung sind. Diese Batterien werden in allen Bereichen eingesetzt, von Smartphones bis hin zu großen Stromspeichersystemen, die mit Solar- und Windenergie verbunden sind. 

Chinesische Unternehmen haben sich eine beherrschende Stellung gesichert, angeführt von zwei Unternehmen: BYD und CATL. Auch Tesla hat einen kleinen Anteil am Markt.

Die europäische Bourgeoisie wurde jedoch völlig aus dieser Branche ausgeschlossen. Und so ergriffen sie die Gelegenheit beim Schopf, als der Batteriehersteller Northvolt auf den Plan trat und große Versprechungen machte. Banken, Regierungen und Autohersteller investierten 4 Milliarden Euro in das Unternehmen. Goldman Sachs erwarb einen Anteil von 20 Prozent an dem Unternehmen und Volkswagen weitere 20 Prozent. Das Unternehmen expandierte von seiner einzigen Fabrik im schwedischen Skellefteå zu Fabriken in Deutschland und den USA.

Aber sie waren nicht in der Lage, Geld zu verdienen. Im vergangenen Jahr verlor das Unternehmen 5 € für jeden 1 € Umsatz, und dabei sind die Verwaltungs- und Forschungskosten noch nicht einmal berücksichtigt. Sie waren weit davon entfernt, die Kosten für die Produktion der verkauften Batterien zu decken.

Um dieses Problem zu lösen, müssten sie ihre Produktion enorm steigern, um die gleichen Skaleneffekte wie chinesische Unternehmen zu erzielen. Northvolt machte im vergangenen Jahr einen Verlust von 1,2 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Tesla verzeichnete einen Rekordverlust von 710 Milliarden US-Dollar, als das Unternehmen versuchte, die notwendigen Skaleneffekte für den Massenmarkt zu erreichen. Das war ein entscheidendes Jahr, und es machte Tesla groß, aber Northvolt hat es anscheinend gebrochen.

Um den schwedischen Kapitalisten gegenüber fair zu sein: Eine Milliarde Dollar ist nicht viel für die Liga, in der sie mitspielen wollen. Der chinesische Batteriehersteller CATL hat beispielsweise gerade angekündigt, eine 4,1 Milliarden Euro teure Fabrik in Spanien zu bauen. Northvolt hat gerade bewiesen, dass es ohne Milliarden zusätzlicher Finanzmittel nicht in dieser Liga mitspielen kann, und diese Investitionen stehen wahrscheinlich nicht in Aussicht.

Die Investition von CATL ist auch typisch für eine neue Art von chinesischen Investitionen in Europa. Um Zölle zu vermeiden, investieren chinesische Unternehmen in Europa als Montageplattform. Daher wird der größte Teil des Produktwerts den Komponenten hinzugefügt, bevor sie in der Fabrik ankommen, um zusammengebaut zu werden, was bedeutet, dass die Anzahl der Arbeitsplätze, die dadurch in Europa geschaffen werden, begrenzt ist. Der größte Teil der Lieferkette befindet sich außerhalb Europas. 

Die Geschichte von Northvolt veranschaulicht die Schwierigkeiten, mit denen neue Unternehmen konfrontiert sind, die versuchen, in einen etablierten Markt einzutreten. Infolgedessen haben sich neue europäische Batterie-Start-ups entschieden, den Markt für Elektrofahrzeuge den Chinesen zu überlassen und sich stattdessen auf andere Märkte zu konzentrieren, wie z. B. Massenspeicher-Anlagen. 

So sieht Monopolkapitalismus aus. Die massiven Investitionen, die bereits in diese Branche geflossen sind, sowohl in Sachkapital als auch in Forschung und Entwicklung, schließen neue Marktteilnehmer effektiv aus. Sobald ein Unternehmen irgendwo auf der Welt ein Monopol erlangt hat, wird es durch keine noch so hohen Zölle von dieser Position verdrängt werden können.

Wohin steuert Europa?

Der Kapitalismus entwickelte sich zuerst in Europa. Durch die Plünderung der Welt und die Rückführung der Beute in das Heimatland entwickelte sich der europäische Kapitalismus sprunghaft. Großbritannien, Frankreich und Deutschland waren Ende des 19. Jahrhunderts das Zentrum der Weltwirtschaft.

In den gigantischen Auseinandersetzungen der imperialistischen Mächte in zwei Weltkriegen zeigte sich jedoch, dass die europäischen Mächte ins Hintertreffen geraten waren. Das gewaltige Potenzial der Vereinigten Staaten wurde offenkundig, und sie wurden zur dominierenden Weltmacht. 

Die vom Krieg verwüsteten europäischen Mächte bauten auf der Grundlage der neu entwickelten Industrien wieder auf und stellten Autos und Industriemaschinen aller Art her. Sie konnten sich nicht nur erholen, sondern erreichten zu einem bestimmten Zeitpunkt sogar das gleiche Produktivitätsniveau wie die USA. All dies geschah unter dem sogenannten „Sicherheitsschirm“ der USA. 

In einem Freihandelsgebiet, das vom US-Imperialismus geschützt wurde, konnten europäische Unternehmen überall in der kapitalistischen Welt gleichberechtigt konkurrieren. Die US-Bourgeoisie murrte ein wenig darüber, dass sie den Großteil der Kosten für die Aufrechterhaltung ihres massiven Militärapparats tragen musste, aber letztendlich stabilisierte die Entwicklung des Kapitalismus in Westeuropa die politische Situation für eine ganze historische Periode und verhinderte die weitere Entwicklung der Weltrevolution. Und natürlich bekamen auch die US-Banken und multinationalen Konzerne ihren Anteil am wachsenden Kuchen ab.

In einer Epoche des Freihandels waren die Grenzen, die Europa in kleine Nationen aufteilten, für die Entwicklung der Produktivkräfte weniger einschränkend. Der gemeinsame Markt und später die EU lockerten diese Beschränkungen weiter und ermöglichten die Entstehung von Monopolen, die im Weltmaßstab konkurrenzfähig waren, wie Airbus, eine Handvoll Automobilunternehmen und sogar einige Banken. 

Die Schaffung des Gemeinsamen Marktes wurde jedoch mit Unterstützung des US-Imperialismus durchgeführt, der lange Zeit die EU und ihre Einzelstaaten als in seinem strategischen Interesse liegend betrachtete. Die kleinen europäischen Nationen konnten sich auf ihren großen US-amerikanischen Cousin stützen, der ihnen die Märkte der kapitalistischen Welt offenhielt. Einige von ihnen, wie Finnland, Schweden und Österreich, konnten sogar gutes Geld mit dem Handel mit den Bürokratien des Ostblocks verdienen. 

Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion begann sich all das zu ändern. Zunächst herrschte Euphorie: Neue Märkte öffneten sich für die gemeinsame Ausbeutung durch den westlichen Imperialismus. Sie konnten die ehemaligen Staatsbetriebe plündern und gleichzeitig die Ausbeutung der Arbeiter im Westen intensivieren. China bot außerdem einen hervorragenden Weg für gewinnbringende Investitionen, indem es Möbel, Textilien, einfache verarbeitete Güter und Montageplattformen herstellte. 

Doch 2008 war die Grenze erreicht. Der bereits begonnene Prozess der Entflechtung der Globalisierung erhielt nun einen massiven neuen Impuls. Eine neue, viel härtere Realität nahm Gestalt an, die ein verstärktes staatliches Eingreifen erforderte, um die Interessen der eigenen multinationalen Unternehmen gegen die ihrer Konkurrenten zu verteidigen. 

Die Kapitalisten in den USA und Europa wurden 2015 mit der Erkenntnis wach, dass China nicht mehr nur eine schwache Macht war, die Möbel herstellte und westliche Elektronikgeräte zusammenbaute. China hatte viel größere Ambitionen, wie im Dokument „Made in China 2025“ dargelegt, und verfügte über die Mittel, um diese zu erreichen.

Doch während die USA, insbesondere unter Trump und Biden, eine Kampagne gegen die chinesische Entwicklung führten und China neuer Technologien und des Marktzugangs beraubten, blieb Europa gespalten und ließ sich in verschiedene Richtungen ziehen. Die Deutschen, unterstützt von den Niederlanden und den nordischen Ländern, hielten an ihren strengen Haushaltsregeln fest und zögerten, wenn es um die Finanzierung gemeinsamer Schulden ging.

Während China und die USA in der Lage waren, massive Staatsdefizite zu verkraften, was die Nachfrage und Investitionen hochhielt, musste Europa nach der Eurokrise von 2010–2012 seine öffentlichen Ausgaben einschränken. Nach den Theorien der neoklassischen Ökonomen hätte dies Kapital für private Investitionen freisetzen sollen, aber wie wir gesehen haben, ist dies einfach nicht geschehen. 

Jetzt kommt Trump wieder an die Macht. Er wird zweifellos versuchen, Zwietracht zwischen den europäischen Mächten zu säen, indem er Zuckerbrot für einige und Peitsche für andere einsetzt. Aus seiner Sicht ist die EU ein Hindernis für die Umsetzung von „America First“. Die Regierungen Chinas und Russlands haben bereits versucht, verschiedene europäische Länder in ihren Bann zu ziehen. Da sich Frankreich und Deutschland inmitten politischer Krisen befinden und die EU bei den Massen in Europa immer unbeliebter wird, sieht die Zukunft der europäischen Einheit auf kapitalistischer Basis düster aus.

Überleben auf alten Verdiensten

Mario Draghi war in seinem Bericht relativ offen, insbesondere für einen europäischen Politiker. Er ist nun zum Gesprächsthema der europäischen Bourgeoisie geworden. Aber Reden allein wird wenig dazu beitragen, die tiefsitzenden Probleme zu lösen, auf die er hinweist, und niemand hat eine glaubwürdige Idee, wie man die von ihm geforderten 800 Milliarden Euro aufbringen könnte.

Selbst wenn es ihnen gelingen sollte, das Geld aufzutreiben, werden die europäischen Kapitalisten einer harten Konkurrenz durch die US-amerikanischen und chinesischen Kapitalisten ausgesetzt sein, die alle dasselbe Programm haben: sich aus der Krise heraus zu exportieren. Dies ist ein Rezept für Handelskriege, in denen Europa in einer schwachen Position ist.

Draghi warnt in seinem Bericht, dass das europäische „Sozialmodell“ ohne die notwendigen Investitionen in die Wirtschaft nicht aufrechtzuerhalten ist. 

Einerseits droht er den Arbeitnehmern und ihren Vertretern, dass es noch schlimmer für sie kommen wird, wenn sie nicht zustimmen, dass ihre Bedingungen untergraben werden; andererseits droht er den Arbeitgebern mit revolutionären Unruhen, sollten sie nicht liefern. 

Jahrzehntelang hat die europäische Arbeiterklasse ein relativ gutes Leben geführt. Aber die materiellen Voraussetzungen dafür verschwinden schnell. Und es ist mehr als offensichtlich, dass die europäische Bourgeoisie nicht in der Lage ist, dies aufzuhalten. Nach dem Krieg in der Ukraine, der verheerende Auswirkungen auf die deutsche Industrie hatte, droht mit der zweiten Präsidentschaft von Donald Trump eine weitere Katastrophe. 

Das europäische „Sozialmodell“ ist auf der Grundlage des Kapitalismus unhaltbar. Der europäische Kapitalismus, einst an vorderster Front, ist heute alt und heruntergekommen. Der Nationalstaat ist zu einer absoluten Fessel für seine zukünftige Entwicklung geworden. Seine verschiedenen nationalen Kapitalistenklassen leben von alten Verdiensten und von Investitionen, die in der Vergangenheit getätigt wurden. Er kann den europäischen Nationen keinen Weg nach vorne bieten. 

Europa droht zu einem industriellen Friedhof zu werden. Nur die Arbeiterklasse kann den Weg nach vorne weisen. Indem sie die herrschenden Klassen Europas auf den Müllhaufen der Geschichte befördert, wäre die Arbeiterklasse in der Lage, Europa zu vereinen und die beträchtlichen Ressourcen des Kontinents für den Aufbau einer neuen Zukunft zu nutzen. Eine sozialistische Föderation Europas würde das gesamte Potenzial freisetzen, das der Kapitalismus niemals erreichen kann. Das ist der einzige Ausweg.

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